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Girls with guitars 2

Das Rock-Business ist heute tendenziell reaktionär und von Männern dominiert. Das meint zumindest eine wachsende Zahl von wütenden Journalistinnen und Musikerinnen, denen eine auch weibliche Zukunft der Rockmusik allzu weit entfernt scheint. Aktuell haben sie sich einige der großen internationalen Festivals vorgenommen und präsentieren dabei Zahlen, die diese in der Tat als Männerdomäne ausweisen (75% of 2015’s summer music festival bands are all dudes ↗, Hey Festivalbooker, es ist euer Job, weibliche Acts zu buchen ↗, Frauen im Pop: Eine Front gegen die Zumutungen des Musikgeschäfts! ↗). Und selbst auf die doch eher fortschrittlich gesinnte Electro- und DJ-Szene scheinen die Vorwürfe zuzutreffen (The All-Female Dance Music Festival That Takes Aim at Bro Club Culture ↗).

Nun soll hier die Geschlechterdebatte nicht auf die Rockmusik übertragen oder gar Partei ergriffen werden. Aber ein Blick auf die Antworten der Festivalbetreiber auf die Vorwürfe der Frauen muss und sollte erlaubt sein. Die lauten nämlich unisono, dass man ja weibliche Künstler engagieren würde, wenn es sie denn gäbe. Und diejenigen, die es gäbe, würden nicht genug zahlungwilliges Publikum auf die Festivalgelände ziehen. Das ist, mit Verlaub gesagt, ziemlicher Blödsinn und soll hier auch gleich mit einigen krachenden Beispielen widerlegt werden.

Dem geneigten Musikhörer und Musikfan ist es in der Regel egal, ob gute (Rock-)Musik von Männern oder Frauen gespielt wird. Haben er oder sie sich erst einmal aufgemacht und die Grenzen des Mainstreams überschritten, warten Überraschungen und Entdeckungen in großer Zahl auf sie oder ihn. Noch vor nicht allzu langer Zeit waren „girls with guitars“ zum Scheitern verurteilt, egal wie gut sie waren. Ein trauriges Beispiel ist z.B. die Kalifornierin Sylvia Juncosa, deren Platten gnadenlos floppten, obwohl sie 1988 von den Leuten von „SPEX“ als beste Gitarristin der Welt bezeichnet wurde und ihr wilder Gitarrenrock auf der Bühne durchaus ankam.

Natürlich hat es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer wieder weibliche Gitarren-Bands gegeben, die kurzfristige Erfolge verbuchen konnten – Birtha, The Runaways, Girlschool, The Donnas und andere mehr. Heute haben sich die Verhältnisse jedoch stark verändert, wenn auch noch nicht von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Die Blues-Szene etwa galt lange als ermüdet und in den traditionellen Klischees erstarrt. Heute steht eine ganz neue Generation von Blues-Musikern auf der Bühne, und die besten von ihnen sind weiblich. Einen großen Anteil an dieser Entwicklung hat die deutsche Plattenfirma Ruf Records ↗ unter deren Dach sich eine Reihe von alten Hasen und blutjunger Nachwuchs versammelt haben. Seit 12 Jahren schicken die Blues-Enthusiasten den Blues Caravan ↗ mit jungen Talenten auf die internationale Reise, von denen einige wie z.B. Samantha Fish oder Joanne Shaw Taylor mittlerweile den Durchbruch geschafft haben.

Gute Musik verdient es, gehört zu werden. Offene Ohren gibt es (hoffentlich) genug. „Girls with guitars 2“ bietet im Folgenden eine Reihe von Gitarristinnen aus dem Bluessektor, während „Girls with guitars 3“ aufzeigen will, dass auch in anderen Genres das zentrale Instrument der Rockmusik, die elektrische Gitarre, keine Männerdomäne mehr ist (Gitarrenrock: Frauen, an die Saiten! ↗).

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(Erstveröffentlichung 12.10.2015 auf www.dj-night-jever.de ↗)